7. März 2023

Folgegespräch zum Novembertermin

Ergebnisprotokoll
Am 07.03.2023 konnten wir als Vertreter_innen des Runden Tisch Asyl und Migration Potsdam Mittelmark (RTAM) mit Verantwortlichen des Landkreises zum ersten Folgegespräch nach dem Novembertermin zusammenkommen. Auf Einladung des MdL Sebastian Rüter standen Herr Marko Köhler als Landrat
sowie Frau Nadine Dornblut als Leiterin der Ausländerbehörde unseren Fragen Rede und Antwort. Von Seiten des Runden Tisches waren Ulrike Rauh, Martin Kühn, Mohanand Khalil, Max Steinacker und Hans Hansen zugegen, des Weiteren nahm Yonas Tekle als Betroffener an der Unterredung teil.

Gegenstand des Gesprächs bildeten die zwischenzeitlich ergriffenen Maßnahmen zur Verbesserung der Situation der Ausländerbehörde sowie aktuelle Themenkreise. Dazu gehörten insbesondere

  • die aktuelle Situation im Bereich Personal
  • Prozessoptimierung und proaktive Terminvergabe
  • Erreichbarkeit der Behörde sowie Zugang über den Eingangsbereich (Thema Security)
  • Umsetzungsstand und Handhabung des neuen Chancen-Aufenthaltrechts nach § 104c AufenthG sowie der Neuregelungen bei den §§ 25a und b AufenthG

Zu den einzelnen Punkten wurde ausführlich berichtet, insbesondere die deutliche Aufstockung des Fachpersonals konnte positiv notiert werden. Auch die seit dem letzten Treffen im November 2022 eingeleiteten Schritte zur Verbesserung der Erreichbarkeit der Ausländerbehörde wurden herausgehoben. So konnten dem Vernehmen nach Hotline und Terminvergabe per Mailverkehr dazu beitragen, dass jetzt regelmäßig innerhalb von vier Tagen eine Terminzusage erfolgt – dies allerdings mit einer Wartezeit von sechs bis acht Wochen. Kurzfristige Terminangebote gibt es nur in Einzelfällen und eine proaktive Terminvergabe
erfolgt bislang noch nicht. Die Online-Terminvergabe wird für 2024 angestrebt.
Die allgemeine Mailadresse für Terminanliegen (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.) soll weiterhin genutzt werden, damit auch im Krankheitsfall vertreten werden kann. Daher gibt es auch keine Veröffentlichungen
von Zuständigkeiten und Telefonnummern mehr im Internet. Es erfolgt keine schriftliche Terminbestätigung bei Terminvergabe per Telefon. Angabegemäß werden alle Termine aber in einem zentralen Kalender aufgenommen – bei telefonischer Anmeldung ebenso wie bei Vergaben per Mail.
Unsere Hinweise, dass die Praxis auch im Ergebnis einer Abfrage bei den verschiedenen Trägern der Migrationssozialarbeit und der Migrationsberatung im Landkreis nach wie vor erhebliche Schwächen aufweist (z.B. mangelnde Erreichbarkeit der Behörde, ausbleibende Rückmeldungen, zu lange Terminvorlaufzeiten, unsachgemäße Vorgangshandhabung, problematische Einlasssituation durch die Security, mitunter abschätziges Verhalten des Security-Personals) wurden zur Kenntnis genommen. Hierbei betonten unsere Gesprächspartner den Prozesscharakter der Optimierungen und verwiesen im Wesentlichen auf die angestrebten (weiteren) Verbesserungen in der Zukunft.
Die Anregung des RTAM, die jeweils aktuellen Terminvorlaufzeiten auf der Internetseite der Behörde zu kommunizieren, damit die Betroffenen dies bei ihrer Terminplanung berücksichtigt können, wurde positiv aufgenommen. Angesprochen auf die zuweilen restriktive und sogar respektlose Umgangsweise einzelner Mitarbeiterinnen der Behörde mit den Betroffenen, wurde seitens des Landrates und der Behördenleitung eher abwehrend reagiert „… sind ja auch nur Menschen – wir stehen alle unter enormen Druck“.

Chancen-Aufenthaltsrecht sowie §§ 25a und b AufenthG Dem Vernehmen nach kommen landkreisweit etwa 330 Duldungsinhaberinnen für die die Erteilung
eines Aufenthaltstitels nach § 104c AufenthG in Betracht. Hiervon haben rd. 80 Personen einen entsprechenden Antrag bei der Ausländerbehörde gestellt, in ca. 20 Fällen wurden inzwischen Erlaubnisse erteilt. Ca. 60 Vorgänge sind somit in Bearbeitung. Bei der Bearbeitung müssen regelmäßig andere Behörden beteiligt werden. Angaben zur Ausweitung des Berechtigtenkreises infolge der geänderten Bleiberechtsregelungen nach §§ 25a und 25b AufenthG (Aufenthaltsgewährung bei gut integrierten Jugendlichen und jungen Volljährigen bzw. bei nachhaltiger Integration) wurden nicht gemacht.
Zur Informationsbeschaffung und Schulung des Behördenpersonals war ein Mitarbeiter auf einer Weiterbildung zu den Gesetzesänderungen und hat die Anwendungshinweise des Bundesinnenministeriums sowie die Inhalte aus der Weiterbildung ins Team getragen. Eine Beratung oder proaktive Information der nun aufgrund der neuen gesetzlichen Regelungen Berechtigten erfolgt derzeit nicht. Es werden lediglich Merkblätter bei Verlängerung der Duldungen mitgegeben.
Der Identitätsnachweis kann ggf. nach Ablauf des 18monatigen Chancenaufenthaltzeitraums weiterhin problematisch bleiben. Der hierzu in den Anwendungshinweisen des Bundesinnenministeriums dargestellten Pflicht der Ausländerbehörden, die Betroffenen schriftlich individualisiert spätestens bei der
Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 104c AufenthG auf die Voraussetzungen der weiterführenden Aufenthalte gemäß §§ 25a und 25b AufenthG hinzuweisen, wird derzeit lediglich mit Hilfe von Merkblättern nachgekommen. Unsere diesbezügliche Anregung, die neue gesetzliche Regelung als Chance der Behörde zu nutzen, um die Anzahl der Bearbeitungsvorgänge mittels regelmäßiger individueller Beratung signifikant zu reduzieren, soll behördenintern geprüft werden.

Unser Fazit
Es bleibt absehbar auch in Zukunft ein schweres Mühen in der Organisation und den Abläufen der Ausländerbehörde. Die Initiativen, Maßnahmen und Bestrebungen seitens der Verwaltung in angespannten Zeiten können wir durchaus anerkennen – aber einige Punkte sind weiterhin nur schwer nachvollziehbar und nicht akzeptabel für angemessenes Behördenhandeln.
Dies gilt nicht zuletzt in Bezug auf die offenkundige Hinnahme eines immer wieder problematischen Verhaltens einzelner Mitarbeiter*innen sowohl der Security als auch der Behörde gegenüber den Betroffenen. Hier haben wir gemerkt, dass unverändert hoher ‚Druck im Kessel‘ ist und eine kritische Würdigung oder gar Überwindung dieser u.E. schwerwiegenden Defizite zurzeit nicht im Fokus der Verwaltung steht.
Der RTAM wird weiterhin gefordert sein, die Schwachstellen aufzuzeigen und nach Möglichkeit unterstützend Lösungsansätze zu skizzieren. Der Verweis auf positive Beispiele in anderen Regionen der Republik scheint dabei aktuell ungehört oder nicht umsetzbar.
Wir haben die Verabredung getroffen, dass der Gesprächsfaden im Herbst 2023 weitergeführt werden soll – auf Vorschlag von Herrn Köhler dann mit dem neuen Ersten Beigeordneten Dr. Steven Koch, in dessen Zuständigkeitsbereich die Ausländerbehörde fällt.

Für den Runden Tisch Asyl und Migration PM am 24.03.2023
Hans Hansen, Ulrike Rauh und Max Steinacker
März 31, 2023